Montag, 9. Juli 2012

Jetzt haben es eh alle schon immer gewusst

Ein Jahr lang praktisch im Dornröschenschlaf und just wo es darauf ankommt, gewinnt Tamira Paszek wieder. Rechenspiele, dass Patricia Mayr-Achleitner demnächst Österreichs beste Tennisspielerin sein würde, waren in aller Munde. Den Ranking-Absturz vor Augen stellten sich – auch für alle Experten und Szenekenner – völlig überraschend wieder Erfolge ein. Zunächst holte Paszek ihren bisher größten WTA-Titel in Eastbourne, danach verteidigte sie in Wimbledon eindrucksvoll ihr Vorjahres-Viertelfinale und bot der neuen Nummer 1 der Welt Victoria Azarenka einen tollen Fight.

Jetzt haben es natürlich alle wieder gewusst: Tamira war eh immer super und hat es eh immer schon können. Und jetzt mit dem neuen Trainer Andrei Pavel hat sie es endlich abrufen können...
Von den Fähigkeiten der Tamira Paszek war (siehe Eintrag vom April 2010) und bin auch ich überzeugt. Schon als sie damals Verletzungs- und Dopingprobleme plagten (sie hatte sich einer Behandlung unterzogen, die als Doping eingestuft wird), warnte ich davor, Tamira abzuschreiben. Sie schaffte es zurück in die erweiterte Weltspitze und bis ins Wimbledon-Viertelfinale 2011. Jetzt wiederholte sie dieses Kunststück ein weiteres Mal. Und zur Draufgabe darf sie heuer noch einmal in Wimbledon spielen – die ITF hat Tamiras Olympia-Teilnahme kurz vor Nennschluss doch noch gestattet.

Tamira könnte sich jetzt (okay, nach Olympia) ein Jahr lang ausruhen und erst wieder in der Rasensaison 2013 zum Schläger greifen. Damit würde die etwaigen Verschleißerscheinungen vorbeugen, die Verletzungsgefahr minimieren und müsste nicht auf Hart- und Sandplätzen mit gemein hohem Ballabsprung kämpfen. So verrückt das klingt, es hätte seinen Reiz. Da gäbe es ungeheures Einsparungspotential: Es wären lediglich 2 Flüge in der ganzen Saison zu bezahlen: Österreich-Großbritannien und zurück. Außerdem erlangt man durch die bloße Ankündigung dieses Vorhabens sicher entsprechende mediale Aufmerksamkeit und einen äußerst elitären Touch, der einen vielleicht auch als Werbeträgerin interessant macht.

Wie geht es weiter?
Alex Antonitsch hat zuletzt recherchiert, dass in der WTA-Weltrangliste überhaupt nur 2 Damen vor Paszek platziert sind, die nach ihr geboren wurden (Christina McHale und Anastasia Pavlyuchenkova). Wird Paszek demnächst also zumindest die Nummer 3 der Welt!? Wieso nicht? Das Bemerkenswerteste an Österreichs Nummer 1 ist, dass sie trotz offensichtlicher Defizite die gesamte Weltspitze an einem guten Tag bezwingen kann. Das spricht natürlich einerseits nicht für das Niveau im internationalen Damentennis; andererseits heißt das aber auch, dass mit besserem Aufschlag und besserer Vorhand noch sehr viel drinnen ist.

Doch dafür müsste es diesmal anders laufen als nach den bisherigen Höhenflügen von Paszek. Wieso sollte dem aktuellen Hoch nicht wieder ein bitteres Tief folgen? – Tamira hat mit Marion Bartolli, Angelique Kerber und Caroline Wozniacki 3 Top-10-Spielerinnen hintereinander besiegt. Und sie hat dabei enorme Nervenstärke bewiesen. Im Vergleich: 2011 war ein Sieg gegen die (trotz oder wegen ihrer French-Open-Erfolge) nicht als Rasenspezialistin bekannte Italienerin Francesca Schiavone.

Ein weiterer Unterschied: Diesmal waren es nicht gesundheitliche Probleme, sondern Probleme mit dem Werkzeug, die Tamira zurückgeworfen haben. Der Wechsel zu Donnay am Jahresende 2011 hatte der Vorarlbergerin zwar ein paar freudige Anrufe ihres Bankberaters eingebracht, am Tennisplatz lief dann allerdings nicht mehr viel zusammen. Leider konnte ich nicht rekonstruieren, wann die inzwischen 21-Jährige zurück zum gewohnten Material aus Vorarlberg gegriffen hat – es war jedenfalls vor Eastburne und es hat ihr gut getan!

Tamira hat in den nächsten 49 Wochen insgesamt etwa 500 Punkte zu verteidigen – so viele wie sie in Wimbledon gemacht hat. Das heißt, sie bleibt bis dahin auf jeden Fall unter den Top 60 der Welt! Nach oben geht es nun etwas langsamer – für die Top 20 müsste sie heuer noch zwei weitere Turniersiege der Eastbourne-Kategorie einfahren (je 470 Punkte). Für die Top 10 sollte dann schon ein Grand-Slam-Finale her, oder halt konstante Ergebnisse bei den Premier-Turnieren. Meine Prognose: Ihr Career-High von 35 (aus dem Jahr 2007) wird sie im kommenden Jahr knacken. Das ist in Anbetracht dessen, dass sie seit heute Nummer 36 ist, zugegeben nicht sehr gewagt. Ob sie an die drei besten heimischen Allzeitgrößen (Barbara Schett 7, Barbara Paulus 10, Judith Wiesner 18) herankommt, bleibt abzuwarten. Sie selbst will ja Nummer 1 werden – „das ist mein Job, darum spiele ich Tennis“, sagte sie unlängst in einem Interview. Hoffen wir‘s fürs heimische Tennis!

Ich bin Unbreakbar

1 Kommentar:

  1. Wenn jemand mit der Statur zu den besten der Welt zählen kann, rennt was falsch in dem Sport.

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